Das schiefe Tor

 

Flucht durch das Tor

Perthés quasselte ununterbrochen mit seiner hellen, leicht nervenden Stimme in einem beängstigend lauten Ton weiter.

Doch was hatte er gesagt? Sie waren weg? Ungeduldig stupste Nescius ihn an, doch er plapperte immer weiter. "Kannst du mal aufhören darüber zu reden, wie ungerecht du doch behandelt wirst und mir mal erklären, woher du wissen willst, dass sie fort sind?", unterbrach er Perthés. Das kleine hamsterähnliche Wesen blähte beleidgt seine Backen auf, aber dann beruhigte er sich und erwiderte: " Natürlich mit meinen magischen Fähigkeiten, was denkst du denn? Eigentlich merkwürdig, dass du sie nicht auch spüren kannst, denn die Königin von Obliquía sagte, dass du außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt." Nescius war verwirrt. Auf einmal redete diese Fellkugel von einer Königin und, was auch immer das sein mag, von Obliquía. "Was redest du da? Naja, auch egal. Hauptsache du bist dir sicher, dass sie uns nicht mehr verfolgen. Aber eines täte ich schon gern noch wissen: Warum wolltest du, dass ich hierher renne?" Perthés plusterte wieder etwas seine Backen auf und sagte mit leicht überheblicher Stimme:

"Na, du musst zum schiefen Tor. Kennst du die Ruinen? Dort ist das Tor. Es führt in eine andere Welt, Obliquía, meine Heimat. Dort werde ich dich zu unserer Königin führen. Alles weitere erkläre ich dir später."

Jetzt war Nescius nur noch mehr verwirrt. Gerade wollte er zu einer Frage ansetzen, doch Perthés unterbrach ihn ungeduldig: "Los, beweg' dich! Je schneller wir dort sind umso besser."-"Aber wolltest du nicht schlafen?"- "Was? Nein! Egal, geh' schon!"

Necius runzelte die Stirn. Warum drängelte er auf einmal so? "Bist du dir auch wirklich sicher, dass sie uns nicht mehr verfolgen?"- "Was? Ja, ja. Es ist absolut sicher. Nun hör' auf zu fragen und setz' dich in Bewegung!"

Die Wahrheit aber wahr, dass Perthés Necius angelogen hatte, was die Verfolger betraf. Er hatte so gut wie gar keine magischen Fähigkeiten und wollte einfach nur etwas angeben. Die einzige Macht, die er besaß, war, das Tor zu öffnen, was er auch tat als sie endlich am Tor ankamen. Es war ein sehr merkwürdiges Tor: Es sah aus wie neu gebaut, doch es war schief, was auch der Grund ist, warum es das schiefe Tor heißt. Nachdem Perthés das Tor geöffnet hatte, trat Necius zögernd hindurch. Es war merkwürdig. Als sie vor dem angeblichen Eingang in eine andere Welt standen, hatte Perthés eine Zauberformel gesprochen. Doch das Tor sah aus wie vorher, es war schief und Necius konnte durch das Tor hindurch immer noch den kahlen, dreckigen Platz sehen. Für ihn war alles wie vorher. Aber als er durch das Tor hindurchgetreten war, fand er sich auf einer grünen Wiese wieder. Er schaute zurück und statt den Wald und die Ruinen sah er jetzt in der Ferne eine Stadt mit einem riesigen, wunderschönen Palast.

Auf der anderen Seite des Tores hatten die Schattenjäger, Necius' Verfolger, alles beobachtet. Sie grinsten siegessicher in die Finsternis ihrer schwarzen Kutten hinein. Denn Perthés, so gut auch er im Öffnen des Tores war, hatte dabei nur eines vergessen: Das Tor zu schließen. Das es noch nicht verschlossen war, konnten die Schattenjäger deutlich sehen. Denn das Tor erstrahlte in einem grellen weißen Licht, wenn es geöffnet war. Auch konnten sie erkennen, wie dieser junge Mann das Licht absorbierte und nicht wie dieses Fellknäuel es reflektierte. Damit war nun endgültig sicher, dass er wirklich der Auserwählte war. Jetzt brauchten sie nur noch durch das Tor zu treten. Aber vorher mussten sie noch unbedingt einen Schutzzauber gegen dieses grässliche Licht aussprechen.

 Ledéka, 18.03.2006 weiter
sitemap
© by Nigjo Iqn