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Schweigen im Walde

Die folgende halbe Stunde Autofahrt schleppte sich so dahin. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die so unverhofft in meinen Wagen geratene Beifahrerin zu fragen, was los sei und wohin sie überhaupt wollte, doch sie starrte grimmig geradeaus und kommentierte jeden meiner Blicke mit einem wütenden Schnauben.

Um für weitere Eskalationen keinen Anlaß zu geben, hielt ich lieber den Mund und tat so, als sei nichts gewesen. Ich hielt Ausschau nach Straßenschildern, überlegte mir eine praktikable Überlandroute, schaute in die malerische Landschaft, überholte einige Lastwagen, ärgerte mich über den Traktor, an dem ich gut 10 Minuten einfach nicht vorbei kam, und summte zur Musik aus meinem Radio.

Hin und wieder schaute ich zur Dame zu meiner Rechten hinüber, die nun schon etwas entspannter aussah. Sie holte einen kleine Puderdose aus ihrer Handtasche und wischte sich die verlaufene Schminke aus den Augenwinkeln.

"Haben Sie ein Taschentuch?", fragte sie mich.

Ich deutete auf das Gepäckfach.

Sie guckte etwas irritiert, öffnete dann aber den Verschluß der Klappe. Diese klappte mit Schwung herunter, und ein Sturzbach von Auto-Kleinteilen, Bonbonpapieren, Straßenkarten und anderem Krimskrams ergoß sich in Richtung ihrer Füße.

Sie fischte sich daraus eine Packung Taschentücher und fuhr unbeeindruckt fort mit ihrer Kosmetik.

 Stefan Krämer, 17.04.2001 weiter
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