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Standvermögen

Ich schluckte einmal. Aber Clara war schon an der Arbeit. Geschickt steckte sie die Nadel auf der einen Seite Lochs durch den Hosenstoff und auf der anderen Seite wieder in die andere Richtung durch den Stoff. Meine anfänglich Panik wich ein wenig aus meinen Gliedern und ich konnte entspannen. Schon nach wenigen Minuten war das Loch nicht mehr so auffällig und man konnte erst auf dem zweiten Blick die Naht erkennen. Clara ging einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk. Sie schien durchaus zufrieden mit ihrer Leistung.

Neugierig blickte ich mich ein wenig im Zimmer um. Es war zweckmäßig eingerichtet. Nichts war meine Neugierde näher angezogen hätte. Dies war kein Ort wo ich sehr viel länger bleiben wollte als notwendig. "Wir sollten hier verschwinden", dachte ich laut. Ohne dabei Clara anzusehen. "Hier will ich nicht bleiben". Ich drehte meinen Kopf zu Clara hin. Sie hatte ihre Nähutensilien mittlerweile in einer kleinen Tasche verstaut, die auf einer Kommode stand, und blickte erstaunt zu mir her. "und zwar schleunigst. Der Bauer ist mir nicht geheuer". Eine kurze Pause trat ein. Clara machte mehrfach den Mund auf und zu als wolle sie etwas sagen, aber dann noch nicht die richtigen Worte fand. "Aber ..." kam dann doch aus ihrem Mund. "Aber ... Wo sollen wir den hin? Der Bauer sagt im Umkreis von 10km ist nix als Wiesen."

Ihr gefiel offenbar der Gedanke nicht, das sie so weit laufen sollte. "Ich weiß". Nachdenklich senkte ich wieder den Kopf und schaute zu Boden. "Aber ich will hier weg. Einen anderen Weg weiß ich auch nicht, aber wenn es der einzige ist bleibt mir nichts anderes übrig." Ich stand auf und ging zur Tür. Im Hinterkopf war der Schlag des Bauern immer noch nicht komplett abgeklungen. Vorsichtig blickte ich in den Flur hinaus. Niemand war zu sehen. Das Zimmer in dem ich erwacht war lag im ersten Stockwerk des Hauses und so ging ich vorsichtig die Treppe herunter zur Haustür.

 Jens Hofschröer, 01.11.2001 weiter
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