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Katzenjammer

Wir standen im fahlen Licht, das vom Gang hinter uns in den Raum fiel. Das Flackern, das uns den Weg hier her gewiesen hatte, leuchtet schwach in der Mitte eines kleinen, quadratischen Raum mit grob behauenen Steinwänden und etwas Stroh auf dem Boden. Es schein mir unheimlich, das ein so schwaches Licht uns bis oben zum Absatz der Treppe hinauf sichtbar gewesen sein sollte. Aber es war nun mal so gewesen, da ließ sich nicht dran rütteln. Es stammte von einer kleinen Petroleum-Lampe. Die flackerte zu uns herüber und nahm dabei die Schatten kleiner Kätzchen mit sich, die vor wenigen Minuten geboren worden sein mussten.

Clara schickte zur Bekräftigung noch ein "Guck mal!! Ist das nicht süüüüßß!!" hinterher. Ich sah sie verständnislos an.

Sie geriet vor meinen Augen durch den Anblick kleiner Kätzchen und ihrer Mutter in Verzückung, die offensichtlich nur wenige Augenblicke zuvor ein bestialisches Schreien von sich gegeben hatte. Mir war das weiterhin ganz und gar nicht geheuer. Weitere Lebewesen konnte ich im Dunkel um die Entbindungsszene nicht erkennen. Der Raum war nicht groß und das Flackern reichte aus, um zumindest einen wagen Eindruck von der Umgebung zu bekommen. Da war nichts. Da war niemand.

Und am besten waren wir auch nicht mehr lange da. Clara's imponierte weiter durch Geistesabwesenheit, die sie dadurch unterstrich, dass sie beide Hände an ihr Gesicht presste, als wollte sie noch ein "süüüüüßß!!" herausdrücken. Ich nutzte das aus, fasste sie am Arm und zog sie den Gang und die Treppe hinauf zurück. Als wir wieder dort angekommen waren, wo ich vor kurzen noch ohnmächtig auf einem Bett lag, gewann sie ihre Gedanken zurück. Das musste an der Örtlichkeit liegen.

"Was fällt dir ein???", bellte sie los.

Sie verwunderte mich immer wieder, wie schnell sie ihrer Gemütszustände umstellen konnte.

"Das waren so liebe Tiere. Und der Schrei!! Wer weiß, wer den abgegeben hat. Und was so'n Ding den Kätzchen antun kann..."

"CLARA! Da waren kleine, frisch geborene Katzen, ein dunkler Raum im Keller, ein Schrei. Ich will gar nicht wissen, was da noch so passiert. I-c-h w-i-l-l h-i-e-r w-e-g!!"

"Memme!! Lass uns noch mal nachsehen."

"Selber Memme! Ich gehe!"

Sprachs und schon begab sich der kühne Denker mit dem glasklaren diagnostischen Verstand zur Tür hinaus.

Es war mir egal, was die dumme Kuh da unten im Keller noch erforschen wollte. Sie konnte sich meinetwegen eines der Dinger als Geschenk mit nach Hause nehmen. Vielleicht beißt es ihr ja eines Tages den Kopf ab.

Ich stampfte aus dem Haus auf den Vorplatz, der aus dunkelbraunen Steinchen bestand. Das Knirschen untermalten meinen theatralischen Abgang noch zusätzlich. Es war mir egal, egal, egal. Als ich die Wiese erreichte, war mein Zorn noch nicht verflogen. Vielleicht ganz gut, so nahm ich wenigstens immer schön die Füße hoch bei meiner Flucht und blieb nicht im Morrast stecken.

 Uwe Hofschröer, 25.09.2002 weiter
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