Der Schneemann

 

15.01.2001

Evtl. hätte dies das Ende des Ausflugs bedeuten können. Bruno lag mit seiner ohnehin schon krummen Nase im Rasen eines Hauses, das ihm einreden wollte, jemand hätte von außen ein Zeichen dran geklebt, dass ihn wirklich zu viel Freude verhelfen könne. Wäre es nicht so abgedroschen, würde ich sagen: das hat ihm das Leben eine lange Nase gezeigt. Aber das hat es ja schon vor Jahren, als er das erste mal in einen Spiegel blickte. Eigentlich aber wollte Bruno nicht aufgeben. Schon so oft sah es aus, als gäbe es keinen vernünftigen Zug mehr, den er machen kann. Aber was sollte das schon? Man kann nicht mit der Nase im Schnee liegen bleiben und darauf warten, dass es vorbei geht. Denn so geht nicht vorbei. Nicht wirklich. Man liegt da und es frieren einem langsam, Schritt für Schritt, Stück für Stück alle Körperteile fest. An sich fest, am Boden fest, an dieser dämlichen Geschichte fest, und alles was am Ende übrig bleibt, ist das dumme Gefühl, man hat sich mit einem ausgewachsenen Slapstick-Stolperer über einen mäßig hohen Holzzaun verabschiedet. Und dann geht es vorbei. Man weiß ja nicht, was danach kommt. Ob man sich noch Gedanken dazu macht, wie der eigene Abgang wohl ausgesehen hat, oder wer sich um die kleine Gestalt auf dem Rasen kümmern wird, wenn die Schneeschmelze die Rückstände seines Lebens wieder freigelegt hat. Trotzdem vermiesen die Gedanken daran schon die Zeit vor dem Abgang. Und das ist die letzte Zeit, die man hier hat, darum sollte man sie besser zu nutzen wissen, als mit eingefrorener Nase im Dreck zu liegen, sich zu bemitleiden und alle anderen dazu, weil sie einen toten Zwerg in ihrem Vorgarten gefunden haben, von dem sie nichts mehr zu Erwarten haben, als Ärger. Und Ratten vielleicht, je nach Wohnlage.

Bruno beschäftigte das alles nicht besonders. Er hätte gerne an seinem Knie gerieben, weil es die Stelle an seinem Körper war, die am ehesten ein lebendes Gefühl von sich gab. Hauptsächlich, weil in ihr eine Art von pochendem Schmerz vor sich ging, die durch die Temperaturen in den umliegenden Körperteilen noch verstärkt wurde. Alles war so gut wie taub, da konnte er sich auf den hämmernden Wichser im Knie ziemlich gut konzentrieren.

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